Institute Geschichte und Ethik… Forschung Psychiatriegeschichte …

(ABGESCHLOSSEN) Verbundprojekt „Wissenschaftliche Aufarbeitung des Leids und Unrechts,

das Kinder und Jugendliche in den Jahren 1949 bis 1975 (BRD) bzw. 1949 bis 1990 (DDR) in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe oder in stationären psychiatrischen Einrichtungen erfahren haben“

Förderung: Stiftung Anerkennung und Hilfe
Projektleitung in Heidelberg: Prof. Dr. Maike Rotzoll
Projektmitarbeiter in Heidelberg: Dr. Christof Beyer
Projektlaufzeit: 2018–2020

Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen aus dem Bereich der Medizingeschichte, der Medizinethik, der Geschichte, der Ethik und Pädagogik. Sie verfügen über sehr gute Erfahrungen im Bereich der historischen Aufarbeitung von Institutionen.
Die Forschungsgruppe untersucht die Unterbringungssituation von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie in der BRD (1949 - 1975) und der DDR (1949 - 1990).
Ziel ist es, die Leid- und Unrechtserfahrungen intensiv zu beleuchten und zu erfassen sowie Art und Umfang der Geschehnisse nachvollziehbar zu machen. Damit wird ein wesentlicher Beitrag zur Bewältigung und Aufarbeitung des Erlebten auch in der Gesellschaft geleistet; das erlebte Leid und Unrecht wird öffentlich sichtbar. Die Missstände der Vergangenheit sollen nicht nur aufgedeckt, sondern daraus auch Lehren für die Zukunft gezogen werden.

Zwischenergebnisse der wissenschaftlichen Aufarbeitung:
Am 13. Mai 2019 wurden die ersten Zwischenergebnisse der wissenschaftlichen Aufarbeitung öffentlich vorgestellt. Prof. Dr. Heiner Fangerau erläuterte das wissenschaftliche Vorgehen der Forschungsgruppe und berichtete davon, welche Form von Missachtung, Zwang, Gewalt und Demütigungen Kinder erleben mussten, wenn sie zwischen 1945 und 1990 in deutschen Einrichtungen der Behindertenhilfe oder der Kinderpsychiatrie untergebracht gewesen waren.
Das Team zur wissenschaftlichen Aufarbeitung besteht aus:

Prof. Dr. Heiner Fangerau
Dr. Nils Löffelbein
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Prof. Dr. Volker Hess
Laura Hottenrott
Charité Berlin

Prof. Dr. Maike Rotzoll
Dr. Christof Beyer
Universität Heidelberg

Prof. Dr. Karsten Laudien
Anke Dreier-Horning
DIH - Deutsches Institut für Heimerziehungsforschung gGmbH - Evangelische Hochschule Berlin

Weitere Links: https://medizingeschichte.charite.de/forschung/leid_und_unrecht/; https://www.dih-berlin.de/

(abgeschlossen) Uniform und Eigensinn. Militarismus, Weltkrieg und Kunst in der Psychiatrie

Förderung: Volkswagenstiftung

Kooperationsprojekt der Sammlung Prinzhorn und des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin Heidelberg
Projektleitung: PD Dr. Thomas Röske und Co-Leitung durch Sabine Hohnholz und
Prof. Dr. Maike Rotzoll
Projektmitarbeiter*innen: Dr. Sonja Frohoff, Kasja Majer, Christoph Bartz-Hisgen
Projektlaufzeit: 2013–2018

Kunst und Krieg – gerade im Hinblick auf den Ersten Weltkrieg fand und findet dieses Thema erhebliche Beachtung in Forschung und Öffentlichkeit. Dass auch psychiatrische Anstaltspatient*innen auf den Krieg reagierten, ist wenig bekannt. Fast vollständig unerforscht ist, wie sie sich künstlerisch dem Thema näherten und welches inhaltliche Spektrum ihre bildlichen und textlichen Reaktionen umschließen. Diese Forschungslücke sollte hundert Jahre nach Kriegsausbruch das Projekt an der Heidelberger Sammlung Prinzhorn schließen. Es kooperierte mit dem Militärhistorischen Museum Dresden. Die zentrale Hypothese lautet: Die eigenwilligen künstlerischen Antworten von Anstaltspatient*innen auf Militarismus und Krieg spiegeln nicht nur Stimmungen und Themen der gesamten Zivilgesellschaft im damaligen deutschen Reich wider, sondern bündeln sie in der Art eines Brennglases oder verzerren sie zur Kenntlichkeit. Die Ergebnisse der Erforschung von Malereien, Zeichnungen, Skulpturen und so genannten Egodokumenten (Briefe, Texte, Gedichte) wurden in einem Katalog und in einem Aufsatzband zusammengefasst und in einer Ausstellung (Dresden 6-10/2014, Heidelberg 10/2014 bis 2/2015) visualisiert. Eine abschließende Tagung präsentierte sie zudem einer wissenschaftlichen Fachöffentlichkeit aus Kunst- und (Medizin-)Geschichte.

https://portal.volkswagenstiftung.de/search/projectDetails.do?ref=87147

(abgeschlossen) Gloom Goes Global: Epistemologies and Ontologies of Melancholy between Europe and Asia (Heidelberger Excellenzcluster „Asia and Europe in a global context)

Projektleitung: Prof. Dr. Frank Grüner (Leitung) und Prof. Dr. Maike Rotzoll (Co-Leitung) Projektmitarbeiterinnen Dr. Helena Jaskov und Natalie Eller
Projektlaufzeit: 2012–2017

Thema des Projekts waren die Geschichte transkultureller Dynamiken und Wissensaustausch im Bereich der Melancholie zwischen Europa, Russland und Japan zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und den 1920er Jahren. In der Analyse dreier Fallstudien zeigte sich deutlich, dass transnationale Beziehungen zwischen Intellektuellen und Wissenschaftlern in Europa und darüber hinaus eher die Regel als die Ausnahme waren. Der Austausch von Ideen beschränkte sich nicht auf klassische Felder wie Medizin und Literatur, sondern schloss neue Disziplinen wie Kriminalanthropologie, Psychologie und Psychiatrie ein. Mit dem Beispiel Melancholie hat das Projekt die Bedeutung und den Einfluss bestimmter Konzepte gezeigt, die über nationale Grenzen hinaus wirksam waren und transkulturelle Wissensproduktion stimulierten.

This project has studied the history of transcultural dynamics and the exchange of knowledge in the area of melancholy between Europe, Russia and Japan from the mid-nineteenth century through the 1920s. By analysing three different case studies, it has become quite evident that transnational ties between intellectuals and scientists in Europe and beyond were a rule rather than an exception: The transmission of thoughts was not only limited to classical fields such as medicine and literature but also included newly established sciences such as criminal anthropology, psychology and psychiatry. Taking melancholy as an example the project has shown the meaning and influence of certain concepts crossing national boundaries and stimulating transcultural knowledge production.

http://www.asia-europe.uni-heidelberg.de/de/forschung/interdisziplinaere-forschungsgruppen/mc11-changing-minds/mc112-gloom-goes-global.html

(abgeschlossen) Nach dem Krankenmord. Struktur und Alltagsleben ehemaliger Tötungsanstalten in den vier Besatzungszonen 1945-1955

Förderung: DFG
Projektleitung: Prof. Dr. Maike Rotzoll  und Co-Leitung durch PD Dr. Georg Lilienthal und Prof. Dr. Wolfgang Eckart
Projektmitarbeiter: PD Dr. Ingo Harms, Dr. Dietmar Schulze
Projektlaufzeit: 2012–2016

In der Geschichte der Anstaltspsychiatrie nimmt Deutschland auf Grund der NS-Krankenmorde eine in negativer Hinsicht singuläre Stellung ein. Den Tiefpunkt nationalsozialistischer Psychiatriepolitik verkörpern die Heil- und Pflegeanstalten, in denen der Krankenmord systematisch vollzogen wurde. Während die „Euthanasie“-Verbrechen in den letzten 30 Jahren intensiv erforscht wurden, ist das Wissen über die unmittelbare Nachkriegsgeschichte psychiatrischer Krankenhäuser gering. An vier ausgewählten ehemaligen Tötungsanstalten sollte daher die Überwindung der Folgen des Nationalsozialismus sowie die innere und äußere Neuorientierung der Anstaltspsychiatrie in der Nachkriegszeit untersucht werden. Ausgangspunkt der Studie war die Befreiung und anschließende Versorgung der überlebenden Anstaltsinsassen durch alliierte Truppen.

Aus jeder der vier Besatzungszonen wurde eine Heil- und Pflegeanstalt ausgewählt. Vergleichbar sind sie wegen ihrer einander ähnlich hohen Opferzahlen: die Tötungsanstalt Hadamar für die amerikanische Zone, die oldenburgische Hungeranstalt Wehnen für die britische Zone, die pfälzische Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster für die französische Zone und die „T4“-Zwischenanstalt und Hungeranstalt Großschweidnitz für die sowjetische Besatzungszone. In vergleichender Perspektive sollen Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Vorgehensweise der vier Besatzungsmächte fokussiert werden. Dabei richtet das Projekt den Blick auf Brüche und/oder Kontinuitäten nach dem Ende des NS-Regimes. Die Untersuchung reicht bis in das Jahr 1955, in dem der Besatzungsstatus der vier Zonen formal endete.

After patient murder. Structure and daily asylum life of former extermination centres in the four occupation zones 1945–1955
Due to the murder of the psychiatric patients by the Nazis, Germany occupies a unique place in a negative sense within the history of institutional psychiatry. The low point of National Socialist psychiatric policies is epitomised by those asylums and nursing homes in which the sick were systematically murdered. While the “euthanasia” crimes have been intensively researched in the last 30 years, little is known about the history of psychiatric hospitals immediately after the war. Efforts to come to terms with the consequences of National Socialism as well as the internal and external reorientation of institutional psychiatry in the post-war era were therefore investigated on the basis of four selected former extermination centres. The starting point of the study was the liberation and subsequent care of the surviving institution inmates by allied troops.

One psychiatric asylum was chosen from each of the four occupation zones. They are comparable due to their similarly high numbers of victims during the second phase of National Socialist “euthanasia”, when patients died by starvation or by overdosed medication: Hadamar Extermination Centre for the American zone, the Oldenburg institution at Wehnen for the British zone, the Palatine asylum at Klingenmünster for the French zone and the Saxon asylum at Großschweidnitz for the Soviet occupation zone. Differences and similarities in the approaches of the four occupying powers are to be focussed on for the purpose of comparison. The project thus examines breaks and/or continuities after the dissolution of the Nazi regime. The study covers the period up to the year 1955, when the occupation status of the four zones formally ended.

https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/214523423/ergebnisse

(abgeschlossen) Arzneimittelprüfungen an Minderjährigen im Langzeitbereich der Stiftung Bethel in den Jahren 1949 bis 1975

Förderung: v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
Projektleitung: Prof. Dr. Dietz Rating, Prof. Dr. Maike Rotzoll, Dr. Niklas Lenhard-Schramm
Projektlaufzeit: 2017–2020

Das Projekt verfolgte das Ziel, den Themenkomplex Arzneimittelprüfungen an Minderjährigen im Langzeitbereich der Stiftung Bethel in den Jahren von 1949 bis 1975 aufzuarbeiten. Konzeptioneller Ausgangspunkt für die Studie war der Umstand, dass sich die besonderen, auf Bethel bezogenen Ergebnisse nur dann verstehen lassen und angemessen zu bewerten sind, wenn sie in ihren zeitgenössischen Kontext eingeordnet werden. Dies gilt umso mehr, da nicht selten heutige Kenntnisse und Standards auf den Untersuchungszeitraum unreflektiert zurückprojiziert werden.

Die Kontextualisierung war dabei eine doppelte. Zum einen galt es, die juristischen und ethischen Rahmenbedingungen der Arzneimittelprüfung von 1949 bis 1975 und deren Auswirkungen auf die konkrete Erprobungspraxis darzulegen. Zum anderen waren auch die Besonderheiten des Prüfortes zu berücksichtigen, also die institutionellen Spezifika Bethels als einer ebenso großen wie traditionsreichen protestantischen Einrichtung mit dem Schwerpunkt der Behandlung, Betreuung und Versorgung von Menschen mit Epilepsie. Ein zentrales Ziel der Studie war, das Ausmaß von Arzneimittelprüfungen bei Minderjährigen in Bethel von 1949 bis 1975 genauer zu quantifizieren.

Studie zum nachlesen: https://www.bethel.de/arzneimittelpruefungen

https://www.bethel.de/presse/presse-detail/artikel/wissenschaftliche-forschungsprojekte.html