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Forschungsbereiche

Erforschung neuronaler Netzwerke und ihrer kognitiven Bedeutung

Im faszinierenden Gefüge des Gehirns bilden neuronale Netzwerke raum-zeitliche Aktivitätsmuster, bei denen Neurone in einer präzise koordinierten und geordneten Weise „feuern“ und so funktionale Einheiten, sogenannte neuronale Ensembles oder Verbünde, formen. Diese Verbünde zeichnen sich durch bemerkenswerte Stabilität aus, bleiben über längere Zeiträume bestehen und können in passenden Situationen reaktiviert werden. Ein zentraler Grundsatz der modernen Neurophysiologie ist, dass neuronale Ensembles das physische Korrelat kognitiver und verhaltenssteuernder Prozesse auf Netzwerkebene darstellen und somit tiefe Einblicke in die Mechanismen von Denken, Gedächtnis und Handeln ermöglichen.

Unsere Forschung wird von einer Reihe spannender Fragen geleitet, die die Feinheiten dieser neuronalen Dynamik untersuchen, mit einem besonderen Fokus auf den Hippocampus der Maus und die damit verbundenen Systeme. Diese leitenden Fragestellungen umfassen:

  1. Selektive neuronale Aktivierung: Welche Mechanismen bestimmen, ob ein Neuron, wie etwa eine CA1-Pyramidenzelle im Hippocampus der Maus, in einer bestimmten Situation aktiv oder inaktiv ist? Die Entschlüsselung dieser Prozesse ist entscheidend, um zu verstehen, wie das Gehirn Informationen kodiert und priorisiert.
  2. Entstehung oszillatorischer Muster: Wie entstehen Sharp-Wave-Ripple-Komplexe, charakteristische oszillatorische Ereignisse im Hippocampus der Maus, die neuronale Aktivität synchronisieren? Diese rhythmischen Muster sind essenziell für die Konsolidierung und den Abruf von Gedächtnisinhalten und orchestrieren die kognitive Symphonie des Gehirns.
  3. Spezialisierung von Sub-Netzwerken: Wie unterscheiden sich die zahlreichen Sub-Netzwerke des hippocampal-entorhinalen Systems, insbesondere in den tiefen Schichten des medialen entorhinalen Kortex, in ihrer Struktur und Funktion? Diese Unterschiede sind entscheidend, um zu verstehen, wie spezialisierte Schaltkreise zur räumlichen Navigation und Gedächtnisbildung beitragen.
  4. Globale Netzwerkkoordination: Welche Mechanismen fördern die Synchronisation von Netzwerken im gesamten Gehirn, insbesondere durch globale Rhythmogenese im Zusammenhang mit der Atmung? Dieser rhythmische Takt könnte als universelle Uhr dienen, die neuronale Aktivität ausrichtet, um kohärente kognitive Prozesse zu unterstützen.

Darüber hinaus erforschen wir in Kooperationen weitere Fragestellungen, insbesondere in pathophysiologischen Kontexten wie Alzheimer-Krankheit, Multipler Sklerose und Hypoxie. Durch die Untersuchung, wie Störungen in neuronalen Ensembles zu diesen Erkrankungen beitragen, streben wir neue Erkenntnisse über Krankheitsmechanismen und potenzielle therapeutische Ansätze an.

Schließlich engagieren wir uns auch in übergeordneten Diskussionen, etwa über Kognition und Bewusstsein bei Pflanzen, und erweitern damit den Horizont der neurophysiologischen Forschung. Die Erforschung neuronaler Netzwerke vertieft nicht nur unser Verständnis der komplexen Architektur des Gehirns, sondern fasziniert auch die Öffentlichkeit, indem sie zeigt, wie das synchronisierte Feuern von Neuronen unsere Gedanken, Erinnerungen und Verhaltensweisen formt.

 

Neuronale Ensembles und ihre rhythmischen Muster

Im komplexen Gefüge des Gehirns, insbesondere in Regionen wie dem Hippocampus oder Neokortex, entfalten neuronale Ensembles eine beeindruckende Dynamik. Zu jedem Zeitpunkt ist nur ein kleiner Teil der zahlreichen Nervenzellen aktiv – ein Prinzip, das als sparse coding bekannt ist. Diese selektive Aktivität ermöglicht eine effiziente und präzise Informationsverarbeitung, vergleichbar mit einer meisterhaften Komposition in einem neuronalen Orchester.

Im Zentrum dieser choreografierten Aktivität stehen hemmende Interneurone, die als Dirigenten des Netzwerks fungieren. Diese Zellen, in Modellen oft als rote Neurone dargestellt, sind durchgehend aktiv und erzeugen einen rhythmischen Takt, der das gesamte neuronale Netzwerk synchronisiert. Dieser Rhythmus ist messbar im lokalen Feldpotential, einer extrazellulär erfassten elektrischen Signatur, die die koordinierte Aktivität des Netzwerks widerspiegelt.

Auf dieser rhythmischen Grundlage entstehen raum-zeitliche Aktivitätsmuster, bei denen ausgewählte Neurone in einer präzisen Abfolge feuern – im Beispiel visualisiert als eine Sequenz von grün über orange zu blau. Diese Muster sind nicht nur ein Zeugnis der Effizienz des Gehirns, sondern auch ein Schlüssel zum Verständnis komplexer kognitiver Prozesse wie Gedächtnisbildung und Entscheidungsfindung. Die Erforschung neuronaler Ensembles öffnet ein Tor zur Entschlüsselung der Funktionsweise des Geistes und fasziniert durch die elegante Präzision, mit der das Gehirn Informationen verarbeitet und speichert.

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